Kaffee, Seide, Honeymoon
8 11 2013Endlich wieder in bekannten Gefilden – das war mein erster Gedanke, als ich in Dalat aus dem Bus stieg. Es war grau, regnerisch, melancholische Musik wehte durch die Straßen und im Hotelzimmer stand heißes Wasser für einen Tee bereit. Und es gab warme Bettdecken!!! Dalat, in das ich vor dem drohenden Taifun geflüchtet war, liegt auf 1400 Metern Höhe. Und kaum hatte ich Pulli und Socken angezogen, ergriffen wieder nördliche Gedanken Besitz von mir. Wie ist überhaupt die Finanzlage? Wie wird es werden, wenn ich zurückkomme? Was mache ich, wenn der Taifun bis nach Dalat kommt?
Also nichts wie in den Supermarkt ( der erste, den ich in Vietnam gesehen habe!) und Notvorräte gebunkert: Konserven, Schokolade, Fertignudeln. Doch der Taifun ließ auf sich warten. So war Zeit für Dalat, das auch die Blumenstadt Vietnams genannt wird und ich bin am See entlang in den Blumenpark geschlendert, vorbei an knallroten Weihnachtsternen, riesigen Büschen von Stechapfel. Am Ufer standen blumenbekränzte Kutschen bereit, für die zahllosen verliebten Paare, die hier die Stadt bevölkern, denn Dalat ist die Honeymoon – Stadt Vietnams.
Im Blumenpark von Dalat
Das pagodenartige Gebilde zur Rechten besteht aus Flaschen, aus Weinflaschen. Selbst Wein wird hier angebaut.
In der Umgebung gibt es rauschende Wasserfälle und das „Valley of Love“, in dem sich zum Beispiel die Venus von Milo oder eine Skulptur frei nach Michelangelo als Fotohintergrund anbieten.
Wasserfall bei Dalat
Hier im Hochland wächst ein hervorragender Kaffee, und ich habe eine Plantage besucht. Er wird erst geerntet, wenn mindestens 80 % der Beeren rot sind, erklärte der Guide. Der vietnamesische Kaffee ist köstlich! Er wird mit einem kleinen Metallfilter gemacht, der auf das Glas gestellt wird, der Kaffee läuft dann langsam durch. Und ist sehr stark. Ich trinke ihn am liebsten white, mit dicker, süßer Dosenmilch.
Kaffee
Auch der berühmte Wieselkaffee wird hier produziert. Die Wiesel sitzen in ihrem Käfig, futtern Kaffee, und was sie ausscheiden, wird aufgelesen, sorgfältig gewaschen (wie der Guide versicherte!) und dann getrocknet und geröstet wie jeder andere Kaffee.
Wiesel
„The Pool of the weasel“, wie der Guide erklärte
Dann ging die Tour weiter zu einer Seidenmanufaktur und ich wurde mit Eiern, Raupen und Kokons des echten Seidenspinners bekannt gemacht.
Eier, Raupen, Kokons des Seidenspinners
Die Raupe futtert Maulbeerblätter, verpuppt sich, aber bevor sie schlüpfen kann, geht’s ab ins kochende Wasser und Ende Gelände. Dann werden die Fädchen, die der Seidenspinner in einer Drüse in seinem Mund produziert hat, gebündelt, auf eine Spule gewickelt und zu Seidenfäden verarbeitet, die man in diversen Schritten in schimmernde Stoffen verwandelt. Die Frauen zupfen aus jedem einzelnen Kokon ein hauchdünnes Fädchen, und die Kokons drehen sich dann im heißen Wasser, während sie abgewickelt werden, bis nur noch die Raupe übrig ist, die sich im Inneren befindet und in ein Häutchen gehüllt ist. Aber eigentlich ist es schon längst keine Raupe mehr, sondern ein Falter.
In der Seidenfabrik
Es hat gar nicht gut gerochen in der Seidenfabrik. Ganz im Gegenteil zu den Rosenfarmen, die noch auf dem Programm standen, denn auch Rosen werden hier gezogen, genauso wie zum Beispiel Erdbeeren, der neueste Exportschlager. Der Boden ist fruchtbar, die Sonne kräftig, und genug Regen scheint es auch zu geben.
Pflanzerin
Zum Schluss der Tour in die Umgebung gab es Tempel zu besichtigen. In einem war eine junge Nonne gerade damit beschäftigt, den Boden zu kehren. Buddha bekommt Opfergaben, hier waren es an die fünfzig Flaschen Wasser, die zu einer kunstvollen Pyramide gestapelt waren. In anderen Tempeln habe ich auch schon Bierdosen gesehen. Frische Früchte und Räucherstäbchen gibt es immer.
Im Ort selbst gibt es auch einiges zu sehen, zum Beispiel „Chicken Church“, wie die reizende junge Guide (gibt es eine weibliche Form von guide?) der Stadttour erklärte. Chicken Church heißt so nach dem Wetterhahn, der auf dem Kirchturm prangt. In Vietnam gibt es viele Katholiken. Auch als wir dann mit der Seilbahn fahren wollten, die aber aufgrund des Regens ausfiel, hatte sie einen passenden Kommentar parat: Cable Car dead because Rain. Und an der Station der Drahtseilbahn saßen dann auch nur Regenmäntel gehüllte Gestalten herum und warteten, vornehmlich Russen, die hier im Süden Vietnams den Großteil der Touristen ausmachen.
Nach drei Tagen hatte ich die meisten Attraktionen besichtigt, der Taifun hatte sich offenbar aufgelöst und ich besorgte mir schon mal ein Ticket für die Weiterreise, wieder an die Küste, aber weiter südlich. Dann kam der richtige Regen, und es regnete einen halben Tag lang so heftig, dass der norddeutsche November nichts dagegen ist. So habe ich meine Konserven und Nudelsuppen doch noch aufgekriegt. Aber die Fahrt zurück an die Küste hatte es in sich. Der heftige Regen hatte die Straße stellenweise aufgeweicht, Schlaglöcher gefüllt, Matsch auf den Asphalt geschwemmt. Die Strecke führt durchs Gebirge (mit atemberaubenden Ausblicken), aber das hinderte den Fahrer nicht dran, richtig auf die Tube zu drücken. Ich hab dann gebetet. Irgendwann lief ein Affe lief über die Strasse, ganz plötzlich, fernab der Zivilisation.
Guten Morgen Bettina,
das ist ja wieder alles sehr spannend, danke!
Über die Opfergaben lässt sich streiten, aber hier hält wohl die Moderne ebenfalls Einzug. Ist der Wieselkaffee in Vietnam auch der teuerste? Würde ich gern mal probieren – ist mir bei uns aber zu kostspielig.
Bettina wo geht es denn jetzt hin? Ich mache mir gerade große Sorgen, da nun ein richtig starker Super-Taifun „Haiyan“, nach den Philipinen, direkt auf Südvietnam zugesteuert. Haben gerade erst gestern auch über die begleitenden Regenmengen eine Doku gesehen. Ich bin wirklich kein Panik-Mensch, aber bitte bring Dich in Sicherheit (und berichte).
Liebe Grüße aus HH Mathias
Hallo Bettina,
ja bitte, bringe dich in Sicherheit!
Liebst grüße
Ui ui, man rechnet mit 1200 Toten. Aber Betty, lebt 🙂
Liebe Betty,
Wie schön zu lesen, dass es noch immer Abenteuer und Entdeckungen gibt…
Und wie wenig wir wissen von der Welt, die angeblich so globalisiert ist…
Ganz herzliche Grüße an die talentierte Fotografin und FarbenSammlerin
Christoph